Dassel und die Ilmebahn
Das Ilmebecken - also der größte Teil des Landkreises Einbeck war lange Zeit vom Schienenverkehr ausgeschlossen und allein auf den Straßentransport angewiesen. Es entstanden entsprechende Überlegungen, dieses Gebiet der Beckenlandschaft durch die Schiene zu erschließen. Diese Überlegungen erfolgten nicht allein im Interesse des Personenverkehrs, sondern mit dem Bau einer Bahn im Ilmebecken sollte auch der Güterverkehr der heimischen Industrie und Landwirtschaft gefördert werden. Ein längs durch die Beckenlandschaft bis in das östliche Sollingvorland bis nach Dassel geführter Schienenverkehr ließ von den zahlreichen Sandsteinbrüchen am Osthang des Solling, vom dortigen Holzeinschlag und nicht zuletzt von der Landwirtschaft umfangreiche Verladungen erwarten.
Diese Pläne nahmen greifbare Gestalt an, als Kreishauptmann Theodor Fachtmann am 16. Januar 1878 in Einbeck eine Versammlung von Gewerbetreibenden und Gemeindevertretern aus dem Kreisgebiet einberufen hatte, auf der über die Erbauung einer Nebenbahn von Einbeck über Markoldendorf und Eilensen nach Dassel beraten werden sollte. Ein aus der Versammlung heraus gewähltes Komitee übernahm die weitere Prüfung und Förderung des Projekts.
Die Vorarbeiten für den Bau der "Sekundärbahn von Einbeck nach Dassel" entlang der Landesstraße 580 wurden 1878 der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft, die bereits mit der Ausführung der Stichbahn von Salzderhelden nach Einbeck befaßt war, übertragen. Als endgültige Streckenführung wurde die Verbindung von Einbeck über Markoldendorf und Eilensen nach Dassel mit eine Gesamtlänge von 13,1 km beschlossen. Die dafür vorgesehene Nebenbahn wurde "Ilmebahn" genannt.
Nach langwierigen Verhandlungen und vorbereitenden Besprechungen fand schließlich am 4. September 1882 in Dassel die Gründung der Ilmebahn-Gesellschaft statt, nachdem am 28. Juli 1882 durch Kaiser Wilhelm 1. die Konzession "zum Bau und Betrieb einer für den Betrieb mittels Dampfkraft und für die Beförderung von Personen und Gütern im öffentlichen Verkehre bestimmten Bahn von Einbeck nach Dassel" erteilt worden war. Am 25. Oktober 1882 erfolgte die handelsgerichtliche Eintragung beim Amtsgericht in Einbeck.
Streckenbau
Nunmehr konnten die seit längerer Zeit vorliegenden Pläne für den Bau der Bahn zwischen Einbeck und Dassel in Angriff genommen werden, zumal die Stadt Dassel und die Fleckengemeinde Markoldendorf für den Bahnhofsbau jeweils einen großen Teil des Geländes unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatten. Der übrige, für den Gleiskörper erforderliche Grund und Boden wurde freihändig erworben, so daß die Bauarbeiten im Bereich der Beckenlandschaft bereits im Spätherbst 1882 zügig vorangingen. Anschließend war in Markoldendorf das dortige Stationsgebäude errichtet worden und in Dassel der Lokomotivschuppen entstanden.
Am 1. August 1883 wurde gemeldet, daß der Schienenstrang nunmehr den Bahnhof in Einbeck erreicht und dort den direkten Anschluß an die Strecke nach Salzderhelden bekommen hatte. Damit war der Bau der Ilmebahn vollendet und eine durchgehende Bahnverbindung von Salzderhelden über Einbeck nach Dassel geschaffen worden. Nach Abschluß der noch erforderlichen Arbeiten fand am 7. Dezember 1883 die landespolizeiliche und eisenbahntechnische Abnahme der Bahnanlagen statt. Die Trasse der eingleisigen Strecke verläuft auf eigenem Bahnkörper von Einbeck aus in nahezu westlicher Richtung mit Bahnhöfen in Markoldendorf und Dassel sowie mit Haltepunkt in Eilensen und Juliusmühle. Bedingt durch das zum Solling aufsteigende, stark hügelige Gelände weist die Trasse zahlreiche Krümmungen sowie Neigungen bis maximal 1:55 auf.
Betrieb und Verkehr
Nachdem am 19. Dezember 1883 die letzte Postkutsche von Einbeck nach Dassel gefahren war, nahm am folgenden Tag die Ilmebahn ihren Betrieb auf. Am 20. Dezember 1883 traf um 10 Uhr der erste Zug Girlanden bekränzt in Dassel ein. Seither bestand zwischen Einbeck und Dassel mit dem Haltepunkt in Eilensen ein ständiger Eisenbahnbetrieb für die Personen- und Güterbeförderung, und zugleich war dadurch das Ilmebecken weitgehend dem Schienenverkehr erschlossen.
Die Betriebsführung der Ilmebahn war zunächst der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft als Eigentümerin der Strecke Salzderhelden - Einbeck übertragen worden. Dabei erwies es sich als vorteilhaft, daß auch die Ilmebahn eisenbahntechnisch in Normalspurbreite ausgeführt wurde und somit ein aufwendiger Umschlag, wie das bei vielen schmalspurigen Privatbahnen notwendig war, entfiel. Folglich konnten die Züge Salzderhelden Einbeck - Dassel eisenbahnbetrieblich nahtlos durchgehend verkehren.
Am 1. September 1924 hat die Ilmebahn-Gesellschaft die Betriebsführung der Bahn auf der Strecke Einbeck - Dassel selbst übernommen, die Züge begannen und endeten im reichsbahneigenen Gemeinschaftsbahnhof Einbeck.
Am westlichen Stadtrand von Einbeck wurden noch im gleichen Jahr ein Betriebsbahnhof mit Werkstattgebäude und Lokomotivbekohlungs- und Unterstellanlagen sowie das Direktionsgebäude geschaffen, während in Dassel ein weiterer Lokschuppen mit Behandlungs- und Unterstellanlagen entstand. Außerdem mußten nunmehr eigene Schienen-Fahrzeuge angeschafft werden; der damaligen schwierigen Lage entsprechend zunächst gebrauchte Lokomotiven und Wagen von der Reichsbahn. Mit der eigenen Betriebsführung entwickelte sich der Betrieb der Ilmebahn gut.
So stiegen die Beförderungszahlen im Personenverkehr vorn Jahre 1924 mit 147.760 Personen auf 741.230 Personen im Jahre 1947, im Güterverkehr gleichzeitig von 54.000 Tonnen auf' über 100.000 Tonnen. Bei der Tonnage herrschte zunächst das Sollingholz vor, doch kamen im Lauf der Zeit auch Güter und Waren der Industrie hinzu, während die Landwirtschaft ihre Erzeugnisse sowie die benötigten Düngemittel ebenfalls mit der Bahn transportierte. Im Jahre 1939 entstand die Grube Steinberg in Markoldendorf als neuer und größerer Verfrachter. Dort war die Ausbeutung des Erzvorkommens auf dem Steinberg durch die Mannesmann-Werke erneut aufgenommen worden, wodurch sich der Güterverkehr bis 1948 auf 135.510 Tonnen jährlich steigerte. Allerdings wurde die Grube bereits am 1. September 1949 wieder geschlossen.
Mit ihrer eisenbahnmäßigen Erschließungsfunktion und ihrer normalspurigen Anbindung an das große Deutsche Staatsbahnnetz hatte die Ilmebahn vor 100 Jahren einen enormen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis Einbeck. Ohne die Ilmebahn wäre der heutige intensive Lebens- und Wirtschaftsraum nicht denkbar. Schon bald nach der Betriebseröffnung setzte ein reger Güterverkehr in, vor allem zum Nutzen der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Industrie, die sich vielseitig entwickeln konnten.
Es entstanden neue Betriebe wie Molkereien, Dampfsägewerke, Kalk- und Eisenwerke mit vielen Arbeitsplätzen. Es waren mehr als zwanzig namhafte Industrie-, Gewerbe- und Handelsbetriebe sowie Landhandelsfirmen und Genossenschaften an die Ilmebahn angeschlossen. Das galt für Einbeck, Dassel und Markoldendorf mit Juliusmühle. Eilensen war neben Markoldendorf Verladestützpunkt für Zuckerrüben, die hauptsächlich zur Zuckerfabrik Northeim befördert wurden. Zwischen den beiden Weltkriegen und vor allem danach erwuchs den Eisenbahnen mit der dynamischen Entwicklung des Autoverkehrs und durch den großzügigen öffentlichen Autobahn- und Straßenbau eine ungeheure Konkurrenz. Die Folge war, daß in allen Industrieländern die Erträge der Eisenbahnen stark schrumpften; es begann das schwierige Zeitalter der Defizite.
Mit der stürmischen Motorisierung war schließlich das Ende des Dampflok-Zeitalters unabwendbar verbunden. Die Umstellung auf den Dieselmotor-Lokomotivbetrieb geschah bei der Ilmebahn in den Jahren 1955 bis 1962: Die letzte Dampflokomotive wurde 1973 stillgelegt und verschrottet. Die verantwortlichen Gesellschafts-Organe beschlossen, die gesamte Personenbeförderung der Ilmebahn ab 1. Juni 1975 auf das wirtschaftlichere und zeitgemäßere System des öffentlichen Personennahverkehrs zu verlegen.
Während die Beförderungszahlen in den Personenzügen auf der Schiene immer mehr zurückgingen, nahm der Omnibus-Linienverkehr ständig zu, so daß er in seiner Bedeutung schließlich die Eisenbahn-Personenbeförderung überflügelte. Die verständliche Anhänglichkeit der hiesigen Bevölkerung und vor allem der Fahrgäste an ihren liebevoll "Molli" genannten Ilmebahnzug wurde immer stärker durch die betriebswirtschaftlichen und verkehrstechnischen Zwänge unserer Gegenwart bedrängt. Am 31. Mai 1975 endete der öffentliche Eisenbahn-Personenzugverkehr zwischen Einbeck und Dassel. Die letzten Personenwagen erhielt der hiesige Verein der Eisenbahnfreunde Einbeck e.V., der seit 1977 regelmäßig zum herbstlichen Einbecker Bürgerfest – auch "Eulenfest" genannt - auf der Ilmebahnstrecke Einbeck Mitte - Dassel historische Dampfzugfahrten für die Bevölkerung veranstaltete.
Rückbau der Ilmebahnstrecke
Nachdem auch der Güterverkehr und insbesondere der Rüben- und Stückguttransport zwischen Dassel und Einbeck mit den Jahren immer weniger wurde, war das Ende dieses Streckenabschnittes nicht mehr aufzuhalten.
Amtlich wurde die Stilllegung zum 31. Dezember 2002 wirksam. Die Ilmebahn hatte das Gelände der alten Verladeanlagen in Dassel verkauft. Dort sind zwei neue Einkaufsmärkte entstanden, nachdem die Gleise im November 2003 abgebaut worden waren. Die Schienen wurden an die Arbeitsgemeinschaft historische Eisenbahn e.V. für die Museumsbahn in Almstedt-Segeste abgegeben. Sie werden an anderer Stelle als Museumsstrecke wieder aufgebaut.
Von Ende 2003 an bis heute sind die Museumsbahner der Historischen Eisenbahn aus Almstedt im Einsatz, um den Streckenabschnitte oberhalb Markoldendorf bis Dassel abzubauen. Die zerkleinerten Gleise werden zur ehemaligen Rübenverladestelle Eilensen gefahren, um sie dort für den Abtransport mit Tieflader zwischenzulagern.
Eine Ära ist zu Ende gegangen.
Zusammengestellt von U. Freter mit Auszügen und Bildern der Ilmebahn AG, Einbeck sowie aus "100 Jahre Ilmebahn, 1883-1983", von Dr. Erich Plümer u. Gustav Wode.
Diese Pläne nahmen greifbare Gestalt an, als Kreishauptmann Theodor Fachtmann am 16. Januar 1878 in Einbeck eine Versammlung von Gewerbetreibenden und Gemeindevertretern aus dem Kreisgebiet einberufen hatte, auf der über die Erbauung einer Nebenbahn von Einbeck über Markoldendorf und Eilensen nach Dassel beraten werden sollte. Ein aus der Versammlung heraus gewähltes Komitee übernahm die weitere Prüfung und Förderung des Projekts.
Die Vorarbeiten für den Bau der "Sekundärbahn von Einbeck nach Dassel" entlang der Landesstraße 580 wurden 1878 der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft, die bereits mit der Ausführung der Stichbahn von Salzderhelden nach Einbeck befaßt war, übertragen. Als endgültige Streckenführung wurde die Verbindung von Einbeck über Markoldendorf und Eilensen nach Dassel mit eine Gesamtlänge von 13,1 km beschlossen. Die dafür vorgesehene Nebenbahn wurde "Ilmebahn" genannt.
Nach langwierigen Verhandlungen und vorbereitenden Besprechungen fand schließlich am 4. September 1882 in Dassel die Gründung der Ilmebahn-Gesellschaft statt, nachdem am 28. Juli 1882 durch Kaiser Wilhelm 1. die Konzession "zum Bau und Betrieb einer für den Betrieb mittels Dampfkraft und für die Beförderung von Personen und Gütern im öffentlichen Verkehre bestimmten Bahn von Einbeck nach Dassel" erteilt worden war. Am 25. Oktober 1882 erfolgte die handelsgerichtliche Eintragung beim Amtsgericht in Einbeck.
Streckenbau
Nunmehr konnten die seit längerer Zeit vorliegenden Pläne für den Bau der Bahn zwischen Einbeck und Dassel in Angriff genommen werden, zumal die Stadt Dassel und die Fleckengemeinde Markoldendorf für den Bahnhofsbau jeweils einen großen Teil des Geländes unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatten. Der übrige, für den Gleiskörper erforderliche Grund und Boden wurde freihändig erworben, so daß die Bauarbeiten im Bereich der Beckenlandschaft bereits im Spätherbst 1882 zügig vorangingen. Anschließend war in Markoldendorf das dortige Stationsgebäude errichtet worden und in Dassel der Lokomotivschuppen entstanden.
Am 1. August 1883 wurde gemeldet, daß der Schienenstrang nunmehr den Bahnhof in Einbeck erreicht und dort den direkten Anschluß an die Strecke nach Salzderhelden bekommen hatte. Damit war der Bau der Ilmebahn vollendet und eine durchgehende Bahnverbindung von Salzderhelden über Einbeck nach Dassel geschaffen worden. Nach Abschluß der noch erforderlichen Arbeiten fand am 7. Dezember 1883 die landespolizeiliche und eisenbahntechnische Abnahme der Bahnanlagen statt. Die Trasse der eingleisigen Strecke verläuft auf eigenem Bahnkörper von Einbeck aus in nahezu westlicher Richtung mit Bahnhöfen in Markoldendorf und Dassel sowie mit Haltepunkt in Eilensen und Juliusmühle. Bedingt durch das zum Solling aufsteigende, stark hügelige Gelände weist die Trasse zahlreiche Krümmungen sowie Neigungen bis maximal 1:55 auf.
Betrieb und Verkehr
Nachdem am 19. Dezember 1883 die letzte Postkutsche von Einbeck nach Dassel gefahren war, nahm am folgenden Tag die Ilmebahn ihren Betrieb auf. Am 20. Dezember 1883 traf um 10 Uhr der erste Zug Girlanden bekränzt in Dassel ein. Seither bestand zwischen Einbeck und Dassel mit dem Haltepunkt in Eilensen ein ständiger Eisenbahnbetrieb für die Personen- und Güterbeförderung, und zugleich war dadurch das Ilmebecken weitgehend dem Schienenverkehr erschlossen.
Die Betriebsführung der Ilmebahn war zunächst der Braunschweigischen Eisenbahngesellschaft als Eigentümerin der Strecke Salzderhelden - Einbeck übertragen worden. Dabei erwies es sich als vorteilhaft, daß auch die Ilmebahn eisenbahntechnisch in Normalspurbreite ausgeführt wurde und somit ein aufwendiger Umschlag, wie das bei vielen schmalspurigen Privatbahnen notwendig war, entfiel. Folglich konnten die Züge Salzderhelden Einbeck - Dassel eisenbahnbetrieblich nahtlos durchgehend verkehren.
Am 1. September 1924 hat die Ilmebahn-Gesellschaft die Betriebsführung der Bahn auf der Strecke Einbeck - Dassel selbst übernommen, die Züge begannen und endeten im reichsbahneigenen Gemeinschaftsbahnhof Einbeck.
Am westlichen Stadtrand von Einbeck wurden noch im gleichen Jahr ein Betriebsbahnhof mit Werkstattgebäude und Lokomotivbekohlungs- und Unterstellanlagen sowie das Direktionsgebäude geschaffen, während in Dassel ein weiterer Lokschuppen mit Behandlungs- und Unterstellanlagen entstand. Außerdem mußten nunmehr eigene Schienen-Fahrzeuge angeschafft werden; der damaligen schwierigen Lage entsprechend zunächst gebrauchte Lokomotiven und Wagen von der Reichsbahn. Mit der eigenen Betriebsführung entwickelte sich der Betrieb der Ilmebahn gut.
So stiegen die Beförderungszahlen im Personenverkehr vorn Jahre 1924 mit 147.760 Personen auf 741.230 Personen im Jahre 1947, im Güterverkehr gleichzeitig von 54.000 Tonnen auf' über 100.000 Tonnen. Bei der Tonnage herrschte zunächst das Sollingholz vor, doch kamen im Lauf der Zeit auch Güter und Waren der Industrie hinzu, während die Landwirtschaft ihre Erzeugnisse sowie die benötigten Düngemittel ebenfalls mit der Bahn transportierte. Im Jahre 1939 entstand die Grube Steinberg in Markoldendorf als neuer und größerer Verfrachter. Dort war die Ausbeutung des Erzvorkommens auf dem Steinberg durch die Mannesmann-Werke erneut aufgenommen worden, wodurch sich der Güterverkehr bis 1948 auf 135.510 Tonnen jährlich steigerte. Allerdings wurde die Grube bereits am 1. September 1949 wieder geschlossen.
Mit ihrer eisenbahnmäßigen Erschließungsfunktion und ihrer normalspurigen Anbindung an das große Deutsche Staatsbahnnetz hatte die Ilmebahn vor 100 Jahren einen enormen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis Einbeck. Ohne die Ilmebahn wäre der heutige intensive Lebens- und Wirtschaftsraum nicht denkbar. Schon bald nach der Betriebseröffnung setzte ein reger Güterverkehr in, vor allem zum Nutzen der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und der Industrie, die sich vielseitig entwickeln konnten.
Es entstanden neue Betriebe wie Molkereien, Dampfsägewerke, Kalk- und Eisenwerke mit vielen Arbeitsplätzen. Es waren mehr als zwanzig namhafte Industrie-, Gewerbe- und Handelsbetriebe sowie Landhandelsfirmen und Genossenschaften an die Ilmebahn angeschlossen. Das galt für Einbeck, Dassel und Markoldendorf mit Juliusmühle. Eilensen war neben Markoldendorf Verladestützpunkt für Zuckerrüben, die hauptsächlich zur Zuckerfabrik Northeim befördert wurden. Zwischen den beiden Weltkriegen und vor allem danach erwuchs den Eisenbahnen mit der dynamischen Entwicklung des Autoverkehrs und durch den großzügigen öffentlichen Autobahn- und Straßenbau eine ungeheure Konkurrenz. Die Folge war, daß in allen Industrieländern die Erträge der Eisenbahnen stark schrumpften; es begann das schwierige Zeitalter der Defizite.
Mit der stürmischen Motorisierung war schließlich das Ende des Dampflok-Zeitalters unabwendbar verbunden. Die Umstellung auf den Dieselmotor-Lokomotivbetrieb geschah bei der Ilmebahn in den Jahren 1955 bis 1962: Die letzte Dampflokomotive wurde 1973 stillgelegt und verschrottet. Die verantwortlichen Gesellschafts-Organe beschlossen, die gesamte Personenbeförderung der Ilmebahn ab 1. Juni 1975 auf das wirtschaftlichere und zeitgemäßere System des öffentlichen Personennahverkehrs zu verlegen.
Während die Beförderungszahlen in den Personenzügen auf der Schiene immer mehr zurückgingen, nahm der Omnibus-Linienverkehr ständig zu, so daß er in seiner Bedeutung schließlich die Eisenbahn-Personenbeförderung überflügelte. Die verständliche Anhänglichkeit der hiesigen Bevölkerung und vor allem der Fahrgäste an ihren liebevoll "Molli" genannten Ilmebahnzug wurde immer stärker durch die betriebswirtschaftlichen und verkehrstechnischen Zwänge unserer Gegenwart bedrängt. Am 31. Mai 1975 endete der öffentliche Eisenbahn-Personenzugverkehr zwischen Einbeck und Dassel. Die letzten Personenwagen erhielt der hiesige Verein der Eisenbahnfreunde Einbeck e.V., der seit 1977 regelmäßig zum herbstlichen Einbecker Bürgerfest – auch "Eulenfest" genannt - auf der Ilmebahnstrecke Einbeck Mitte - Dassel historische Dampfzugfahrten für die Bevölkerung veranstaltete.
Rückbau der Ilmebahnstrecke
Nachdem auch der Güterverkehr und insbesondere der Rüben- und Stückguttransport zwischen Dassel und Einbeck mit den Jahren immer weniger wurde, war das Ende dieses Streckenabschnittes nicht mehr aufzuhalten.
Amtlich wurde die Stilllegung zum 31. Dezember 2002 wirksam. Die Ilmebahn hatte das Gelände der alten Verladeanlagen in Dassel verkauft. Dort sind zwei neue Einkaufsmärkte entstanden, nachdem die Gleise im November 2003 abgebaut worden waren. Die Schienen wurden an die Arbeitsgemeinschaft historische Eisenbahn e.V. für die Museumsbahn in Almstedt-Segeste abgegeben. Sie werden an anderer Stelle als Museumsstrecke wieder aufgebaut.
Von Ende 2003 an bis heute sind die Museumsbahner der Historischen Eisenbahn aus Almstedt im Einsatz, um den Streckenabschnitte oberhalb Markoldendorf bis Dassel abzubauen. Die zerkleinerten Gleise werden zur ehemaligen Rübenverladestelle Eilensen gefahren, um sie dort für den Abtransport mit Tieflader zwischenzulagern.
Eine Ära ist zu Ende gegangen.
Zusammengestellt von U. Freter mit Auszügen und Bildern der Ilmebahn AG, Einbeck sowie aus "100 Jahre Ilmebahn, 1883-1983", von Dr. Erich Plümer u. Gustav Wode.